Anna, Kamerun

Meine Zeit in Kamerun

Nach einem 2-monatigen Praktikum in Tansania im Jahr 2012 habe ich mich Anfang 2020 noch einmal mit easyGo-easyCome auf den afrikanischen Kontinenten begeben. Diesmal ging es nach Ntui in das Zentralafrikanische Land Kamerun, wo ich acht Wochen bei der Familie Damatal verbringen durfte.

Da es ja schon fast acht Jahre her war, dass ich in Tansania war, brauchte ich zunächst ein paar Tage, um mich an alles zu gewöhnen: Die Hitze, der Staub, die Tiere… Aufgrund der herzlichen Aufnahme durch die Familie Damatal fühlte ich mich aber direkt sehr willkommen und wohl. Im „Anwesen“ der Familie Damatal lebten noch zwei Amerikanerinnen, die mit den Peace Corps einen zweijährigen Freiwilligendienst im Kamerun machten (der aufgrund von Corona leider frühzeitig beendet werden musste). Ich teilte mir ein Haus mit einer der beiden, wir hatten also gemeinsam ein Bad, eine Küche und ein Wohnzimmer. Direkt nebenan liegt das Haus der Familie, dahinter ein weiteres Haus, wo die andere Peace Corps Freiwillige wohnte. Josué und Marceline haben 4 Kinder, die drei ältesten Tarabay, Bonheur und Kikay lebten mit im Haus, der jüngste Sohn war zu der Zeit, in der ich in Ntui war, bei den Großeltern ganz im Norden Kameruns, um die Stammessprache zu lernen. Des Weiteren gab es sehr viele Tiere: 2 Hunde, eine Katze, Enten, Hühner, 4 Ziegen und ich habe bestimmt noch was vergessen. Sie liefen jedenfalls die ganze Zeit auf dem Hof herum, lagen auf der Lauer nach Essen, oder beschützten den kleinen Bauernhof. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland fehlten sie mir jedenfalls erstmal sehr, und ich bin eigentlich kein besonders großer Tierfreund. No
ch mehr fehlten mir die Kinder, mit denen ich nachmittags und an den Wochenenden viel Zeit verbrachte.

Mein Alltag in Ntui sah ungefähr so aus: Spätestens morgens um 6 wachte ich vom Krähen der Hähne auf, machte mich bereit für die Schule, frühstückte heiße Milch mit Honig. Einer von Josués Berufen ist die Imkerei, sodass Honig für mich zum Grundnahrungsmittel in Ntui wurde. Gegen 7 brachte Josué oder Alphonse, Josués Cousin, der auch mit im Haus lebt, die Kinder und mich zur Schule -ja, alle zusammen auf einem Motorrad)- wo ich den Tag meistens mit dem Unterrichten von Deutsch verbrachte. Da ich ja Sozialarbeiterin bin, sollte mein Praktikum eigentlich vor allem in d
er Schulsozialarbeit stattfinden. Da der Schulsozialarbeiter aber ständig auf Reisen war, beschloss ich irgendwann, aktiv den Deutschunterricht mitzugestalten. Das war schon etwas herausfordernd, so mit 50-90 Schüler*innen pro Klasse, ohne großartige didaktische Kompetenzen. Immerhin gab es eine Tafel und Kreide, und einige Schüler*innen hatten sogar Deutschlehrwerke, mit denen man gut arbeiten konnte. Nachmittags gibt es ein breites Sportprogramm auf dem großen Sportplatz hinter der Schule: Volleyball, Fußball, Leichtathletiktraining… Für das Personal gibt es jeden Dienstag und Donnerstag Abend ein Training, meistens eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining mit Tanzelementen zu Kamerunischer Musik. Davon bin ich ein großer Fan geworden und ließ kein Training aus. Es ist aber auch kein Problem, nachmittags beim Sport mit den Schüler*innen mitzumachen.

Die ersten Wochenenden verbrachte ich vor allem mit Marceline und Einkäufen auf dem Markt, Kochen und Kirchgängen. Das Handeln auf dem Markt musste auch erstmal gelernt werden. Als ich mich dann etwas „alleine“ zurecht finden konnte, habe ich dann auch mal Ausflüge in die Hauptstadt gemacht.

Insgesamt war meine Zeit im Kamerun eine sehr intensive und wertvolle Erfahrung, die ich leider aufgrund von Corona zwei Wochen früher als geplant beenden musste. Ich hatte das Glück vor meiner spontanen Abreise, dass ich noch sechs Tage mit einem Guide durch den Westen Kameruns reisen konnte. Alleine reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln gestaltet sich nach meinem Empfinden sehr schwierig. Aber man trifft überall hilfsbereite, offene Menschen, die einen gerne unterstützen. Auch einige Lehrer*innen in der Schule sind sehr interessiert und schlagen gemeinsame Unternehmungen vor, sodass man auf jeden Fall Optionen hat, die Gegend kennen zu lernen. Josué hat mir auch seine Bienen gezeigt und ich durfte live bei einer
Honigernte dabei sein. Außerdem konnte ich die Maisfelder und Kakaoplantagen der Familie kennen lernen. Ein weiteres Highlight war der Ausflug mit einem Ruderboot zu den Wasserfällen am Fluss Sanaga, den man überqueren muss, um nach Ntui zu kommen.

 

Ich kann einen Aufenthalt jedem*r empfehlen, der*die wirklich in eine andere Kultur eintauchen möchte und das kleinstädtische Leben im Kamerun kennen lernen möchte. Ntui ist eine Stadt mit ca. 60.000 Einwohner*innen, es gibt Bars, einen schönen Markt, Restaurants.. Man muss sich auch darauf einstellen können, täglich Wasser aus einem Brunnen zu schöpfen, oder dass auch mal der Strom für ein paar oder mehrere Stunden ausfällt, dass es sehr staubig ist, und dass man überall auffällt und alle einen zunächst „La Blanche“ hinterherrufen, bevor die halbe Stadt eh irgendwann den Namen kennt. Man lernt unglaublich viel, auch über die eigene Kultur. Meine Französischkenntnisse waren zu Anfang ziemlich eingestaubt. Für’s Unterrichten ist es  hilfreich, gute Grundlagen zu haben. Ich denke, für Lehramtsstudierende ist ein Praktikum am Lycee von Ntui optimal, da man wirklich viel eigenständig unterrichten kann und so unter ganz anderen Bedingungen viel lernen kann. Am meisten hat mich die große Solidarität unter den Menschen beeindruckt.