Catharina, Burkina Faso

3 Monate als Lehrerin in Burkina Faso? Catharina hat es mit easyGo-easyCome ausprobiert.

In ihrem Blogbeitrag berichtet sie über ihre vielfältigen Erfahrungen:

Schon auf dem Weg vom Flughafen zur Gastfamilie überwältigten mich die Eindrücke: Ein Mann balanciert mit einem großen Hühnerkäfig am staubigen Straßenrand, Frauen mit auf den Rücken gebundenen Kindern bieten am Straßenrand an kleinen Ständen Obst und Gemüse zum Verkauf an, unzählige Kinder und Jugendlichen suchen sich mit ihren Fahrrädern und Motorrollern einen Weg durch den dichten Verkehr. Das war also Ouagadougou, die Hauptstadt im ‚Land der Aufrichtigen‘.

Duschen mit einem Eimer

Täglich gegen 5:30 erwachte Leben im Haus meiner Gastfamilie. Meistens gelang es mir bis etwa viertel nach sechs zu dösen. Die Dusche mit einem Eimer kaltem Wasser gestaltete sich anfangs schwierig – immerhin war man danach jedoch wach. Anschließend gab es Tee mit Baguette nach französisch-kolonialzeitlichem Vorbild. Den etwa einstündigen Schulweg legte ich mit einem Motorroller zurück. Das Fahren an sich war schnell gelernt, tatsächlich unfallfrei in dem ungeordneten Verkehr der Stadt anzukommen, stellte sich als tägliche Herausforderung dar. Regelmäßig sorgen Stromausfälle für tote Ampeln, und auch wenn sie leuchten, werden sie von Burkinern meist wenig beachtet.

Ein kinderreiches Land

An meiner Praktikumsschule, dem Lycée Nelson Mandela, werden etwa 2.300 Schüler unterrichtet, sodass sie keineswegs eine kleine Schule darstellt. Bei einer durchschnittlichen Geburtenrate von 5.81 Kindern pro Frau, wundert es nicht, dass an jeder Straßenecke eine Schule steht. Klassen mit sechzig bis hundert Schülern sind die Regel. Entscheiden sich die Schüler in der Oberstufe für den Zweig Literatur, lernen sie als zweite Fremdsprache nach Englisch Deutsch. Glücklicherweise konnten kurz vor meiner Ankunft dank einer Spende Deutschbücher angeschafft werden. Ich hospitierte am Deutschunterricht der beiden Deutschlehrerinnen, wobei jedoch die Lehrerin Madame Traoré regelmäßig Dienstag mittags verhindert war, sodass ich ihren Unterricht übernahm. Der Unterricht verläuft fast ausschließlich im Frontalstil, mündliche Noten gibt es nicht, wer seine Hausaufgaben nicht macht, ist selbst Schuld, Störenfriede im Klassenraum werden vor die Tür gestellt. Folglich sind die Niveaus der Schüler extrem unterschiedlich. Einmal wöchentlich traf ich mich mit den Schülern zum „Deutschclub“, wo die Schüler große Begeisterung für deutsche Volkslieder zeigten.

Klischees über Weiße

Zwar war mir vor der Abreise klar, dass ‚Weiße‘ in afrikanischen Ländern stets mit Wohlhaben verknüpft werden, dass in der Konsequenz aber meist stillschweigend davon ausgegangen wird, dass die Rechnung für ein Feierabendbier vom Europäer beglichen wird, war mir nicht klar. Oft musste ich die Relationen zwischen Einkommen und Lebenshaltungskosten richtig stellen und erklären, dass in Deutschland der Großteil der Studenten genau kalkulieren- und teilweise hart für die Finanzierung des Studiums arbeiten muss. Selbstverständlich ist der extreme Entwicklungsunterschied schockierend, die strukturelle Armut macht es besonders hoffnungslos. Im Index der menschlichen Entwicklung (2011) der Vereinten Nationen nimmt Burkina den 181. Platz von 187 bewerteten Staaten ein; weit über 40 Prozent der Burkina leben unter der absoluten Armutsschwelle. Man weiß nicht, wo man anfangen könnte: Es gibt so gut wie keine Industrie, selbst wer einen Studienabschluss hat, findet nur mit Glück eine Arbeit.

Fazit

Anfangs war es schwer, nicht immer alles nach mitteleuropäischem Maßstab zu bemessen. Doch mit der Zeit konnte ich von unglaublich frohen, offenen, energischen und mutigen Menschen lernen. Es war beeindruckend zu sehen, wie die Menschen jeden Tag wieder aufstehen und mit aller Gelassenheit versuchen, ein kleines Stück weiterzukommen. Plötzlich habe ich Verständnis für traditionell gekleidete Inderinnen in Deutschland, die ich zuvor als nicht anpassungsfähig abgeurteilt hätte. Die allermeisten Burkiner sind sehr religiös. In der Hauptstadt gibt es etwa gleichviel Muslime und Christen, auf dem Land sind traditionelle Religionen ebenfalls verbreitet. Alle leben sehr friedlich zusammen, immer wieder feiern Muslime und Christen auch gemeinsame Feste. Das Land ist zu Recht stolz auf seine Toleranz. Viele andere Kulturen könnten davon lernen. Um nicht enttäuscht zu werden, war es gut, von vorneherein die kulturelle Erfahrung in den Vordergrund gestellt zu haben. Zwar lernte ich kaum neue Unterrichtsmethoden, aber mein Aufenthalt in Burkina wird mich auch als Lehrerin sicher sehr positiv geprägt haben.